LiteraTouristinnen

Der Mädels-Bücherkreis der anderen Art. Hier trifft Literatur auf Engagement und Saudi-Arabien auf Dortmund.

Zehn Mädchen, ein bequemes Sofa, warmer Tee, ein paar Salzstangen, Kekse, und der Fernseher ist aus. Nicht „Der Bachelor“ oder „Germanys next Topmodel“ ist der Grund für diesen ungewöhnlichen Mädelsabend, sondern das Buch „Das Mädchen Wadjda“.

Die Story: Die 10-jährige Wadjda (Gesprochen Wodschda) lebt in Saudi-Arabien und wünscht sich ein grünes Fahrrad. Dass Mädchen in ihrem Land gar nicht Rad fahren dürfen interessiert sie nicht. Stattdessen will sie Geld für das Fahrrad selber verdienen,  bis ihr die strenge Schulleiterin leider auf die Schliche kommt …

Dieses Buch haben sich die Mädchen aus der Wohngruppe für UMFs (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) in Dortmund-Asseln ausgesucht, um es gemeinsam mit uns von youngcaritas zu lesen. Zur Wahl standen noch andere Bücher über starke, freche Mädchen wie z.B. “Ronja Räubertochter”, “Anne Frank”, “Meine Schwester Klara”, oder “Insel der blauen Delfine”. Damit alle ein eigenes Buch bekommen können, hat uns die Mayersche Buchhandlung in Dortmund die Bücher gespendet. Dreimal im Monat von 18 – 20 Uhr treffen sich die „LiteraTouristinnen“ – ein Name, der beschreibt, das Lesen wie das Reisen in eine andere Welt ist.

Die Mädchen im Alter von 12-18 Jahren, geflohen aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea, gehen nun in Dortmund in die Schule. Ein ganzes Buch hat keine von ihnen je gelesen. Das Buch „Das Mädchen Wadjda“ durchzulesen ist daher ein besonders großes Ziel für sie. Der Reihe nach liest jedes Mädchen eine Seite aus dem Buch.

Danach geht die Fragerunde los:

  • „Was heißt Grinsen?“,
  • „Was heißt demütig?“,
  • „Was bedeutet Gerüchte?“.

Mit Händen und Füßen, Synonymen und Bilder wird nun erklärt, gezeigt, geschauspielert, bis alle verstanden haben, was das Wort bedeutet. Vor Lachen unter dem Tisch gelegen haben wir dabei schon oft.

Deutlich wird, dass allein das laute Vorlesen (unabhängig wie flüssig es ist) noch kein direktes Textverständnis erzeugt. Aus diesem Grund versuchen wir tief in den Text einzusteigen und mithilfe von Plakaten, das Wissen über Wadjda, ihr Haus, ihre Eltern etc. festzuhalten. „Was ist bloß mit ihren Eltern los? Warum wohnt der Vater nicht im gleichen Haus?“ – diese Fragen beschäftigen die geflüchteten Mädchen besonders.

In der Hinsicht sind sie kleine Detektivinnen, die tolle Spür-nasen haben und neugierig kleine Hinweise bemerken.
Devrim, die Ideengeberin, ist 18 Jahre alt und Schülerin. Dieses Jahr wird sie Abi machen und kam zu youngcaritas, um sich für eine gute Sache einzusetzen. Ihre eigene Lese-Leidenschaft inspirierte uns zu dieser Projektidee. Die Begeisterung für das Projekt ist groß, sehr schnell fanden sich viele andere junge Frauen, die Engagement für geflüchtete Mädchen und gemeinsames Lesen ebenso spannend finden.

Ein unbeirrbares Mädchen.
Ein dickes Buch.
Ein grünes Fahrrad.
youngcaritas Dortmund.
Viel Spaß und ein großer Traum.
Das sind die LiteraTouristinnen.

Text: Kristina Sobiech, youngcaritas Dortmund