„I have a green dream“ – Eindrücke von der Sommeruniversität

Trommeln. Klatschen. Laute Musik. Tanzende Menschen. Lachende Gesichter. Das alles waren die ersten Eindrücke, die auf uns einprasselten, als wir auf dem Zeltplatz in Saint Malo aus dem Bus stiegen. Schon auf dem Parkplatz standen Menschen, die uns tanzend begrüßten, und sie säumten singend den Weg bis ins große Zirkuszelt, in dem die Anmeldung stattfand. Nach dieser herzlichen und lebendigen Begrüßung sah man alle Neuankömmlinge fröhlich den Weg zu ihren Zelten suchen.

Das Gelände, auf dem die Sommeruniversität stattfand, war eine große Wiese ausgestattet mit einem großen Hauptzelt, einigen Sanitäranlagen, besagtem Zirkuszelt und vier Zeltdörfern. Diese Zeltdörfer waren benannt nach den vier Elementen Feuer, Erde, Wasser und Luft und bestanden aus jeweils etwa 40 Zwei-Personen-Zelten und einem Gemeinschaftspavillon. Meine aus ganz Deutschland stammende

Zeltlager der Sommeruniversität in Saint Malo
Zeltlager der Sommeruniversität in Saint Malo

Gruppe und ich wurden der „Luft“ zugeordnet, bezogen unsere Zelte und machten uns mit unseren Nachbarn bekannt. Dass dies eine offene Veranstaltung werden würde, sagte uns gleich der erste Eindruck, denn alle Menschen auf dem Zeltplatz waren sehr hilfsbereit und herzlich. Man ging aufeinander zu – auch wenn man nicht immer die gleiche Sprache sprach. Ich hörte Leute sich verständigen auf Englisch, Spanisch, Arabisch, Deutsch, Albanisch und diversen anderen Sprachen. Doch auch in diesem Sprachengewirr konnte man sich mit Händen und Füßen immer verständlich machen. Die Hauptsprache der Veranstaltung war Französisch, doch es wurde stets darauf geachtet, dass alles Gesagte auch auf Englisch übersetzt wurde. Durch diese Vielfalt an Sprachen spürte man besonders die bunte, internationale Atmosphäre.

Am ersten Abend gab es eine Begrüßungsveranstaltung im großen Hauptzelt, bei der das Programm der kommenden Tage vorgestellt wurde. Als wir beim Zelt ankamen, hörten wir schon von außen laute Trommelmusik. Vor der Bühne stand eine bunt gekleidete Gruppe von Musikern mit ihren ebenfalls bunten Trommeln und machte ordentlich Stimmung. Sie waren umringt von einer großen Traube von Leuten, die zu den Rhythmen tanzten und sangen. Dabei konnte keiner die Füße stillhalten!
Nach dem Auftritt begann die eigentliche Begrüßungsveranstaltung. Uns wurde erzählt, dass wir an einem von vielen verschiedenen Workshops teilnehmen würden, die sich alle in irgendeiner Form um das Thema Umwelt und Klimawandel drehen würden, ganz im Sinne des Veranstaltungstitels „I have a green dream“. Es gab Themen wie „Kleidung“, „Wasser“, „Müll“, „Wald“ oder auch „Fahrradfahren“, doch ich entschied mich für den Workshop zum Thema „Zeit“.

Gesprächsrunde unter jungen Leuten
Gesprächsrunde unter jungen Leuten

Gleich am nächsten Morgen ging es los. Zur Einführung sahen wir uns den Film eines französischen Journalisten an. Darin ging es um die Beschleunigung des Lebens in modernen Gesellschaften und das ständige Gefühl gehetzt zu sein und keine Zeit zu haben. Es ging um den Druck, immer mehr Dinge in immer kürzerer Zeit erledigen zu müssen. Im Anschluss an den Film fanden wir uns in Kleingruppen zusammen und diskutierten über Zitate aus dem Film. Woher kommt das Gefühl, dass „alles immer schneller läuft“? Kann man sich diesem Phänomen entziehen? Wie gehen wir mit der Ressource „Zeit“ im Alltag um? Lassen sich Bezüge zum Thema Klimawandel herstellen?
Über all diese Fragen brachen lebhafte Diskussionen aus. Es war sehr interessant sich einmal voll auf das Thema Zeit zu konzentrieren, über das man sich im Alltag doch eher selten Gedanken macht. Auch sich mit anderen Menschen darüber auszutauschen, wie sie die Zeit erleben, hat mir sehr gefallen. Einige Teilnehmer erzählten, wie sie ihr Leben bereits verändert haben, um ihre Zeit auf der Erde bewusster wahrzunehmen. Alles in allem hatte ich nach dem ersten Tag das Gefühl, dass dies ein Thema ist, dass die meisten Menschen tief bewegt. Unsere Gruppe entdeckte außerdem einen engen Zusammenhang mit dem Thema „Klima“. Da „Zeit“ viel mit Achtsamkeit und maßvollem Leben zu tun habe, sei der Umgang mit ihr ein Schlüsselelement jeder nachhaltigen Gesellschaft.

Erste Eindrücke am Strand von Saint Malo
Erste Eindrücke am Strand von Saint Malo

Nach diesem sehr inspirierenden Workshop trafen wir uns alle in unserem Dorfzelt zum Mittagessen wieder. Jeder hatte aus den verschiedenen Workshops spannende Geschichten zu erzählen: Einige hatten Neues über Müllvermeidung erfahren, andere hatten gelernt wie man ein Fahrrad repariert und wieder andere hatten im Wald meditiert und die Natur erfahren. Den Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung und nutzten ihn für einen Ausflug zum Strand, der nur 20 Minuten Fußweg vom Zeltplatz entfernt lag. Diese Idee hatten viele Teilnehmer der Sommeruniversität und so traf man sich, spielte zusammen Volleyball und Fußball oder schwamm durch die Wellen.

Der zweite Teil unseres Workshops fand am nächsten Tag statt. Diesmal erhielten wir eine Einführung in Meditationstechniken, die einem dabei helfen können, die eigene Zeit bewusster wahrzunehmen und sich Ruhepausen im Alltag zu gönnen. Im Anschluss berichtete uns ein Referent aus Ecuador über ein aus Südamerika stammendes Naturkonzept namens „Buen Vivir“ (übersetzt: „das gute Leben“). Dabei handelt es sich um eine bestimmte Art die Welt zu sehen. Die Idee des „Buen Vivir“ geht davon aus, dass in der Natur alles zusammenhängt – Menschen, Lebewesen, Umwelt – und sich das Leben in Zyklen vollzieht, ein Werden und Vergehen ist. Damit steht dieses Konzept im Gegensatz zur Denkweise in vielen modernen Gesellschaften, dass grenzenloses Wachstum (zum Beispiel in der Wirtschaft) möglich sei. Das „Buen Vivir“ bietet all jenen ein alternatives Denkkonzept an, die sich fragen, ob grenzenloses Wachstum für unser Leben wirklich notwendig und wünschenswert ist.

Nach diesen drei inspirierenden Tagen gab es am letzten Abend ein großes gemeinsames Essen, bei dem alle Teilnehmer zusammenkamen. Mittlerweile hatten sich viele Bekanntschaften ergeben und so

Sonnenaufgang über den Zelten der "summer university" in Saint Malo
Sonnenaufgang über den Zelten der Sommeruniversität in Saint Malo – nach der Party

schallte an diesem Abend vom Zeltplatz ein vielsprachiges Stimmenpotpourri in die Straßen, dazu Gelächter, Geschirrgeklapper und schließlich Musik, als die Disko begann. Nun konnte nach Herzenslust getanzt und gefeiert werden. Um zwölf mussten wir leider Schluss machen, um den Nonnen im Kloster nebenan ihren Schlaf zu gönnen. Aber natürlich ging die Party in den einzelnen Zeltdörfern noch bis tief in die Nacht weiter mit Spielen, Gesprächen und Gitarrenmusik.

Alles in allem war der Aufenthalt in Saint Malo sehr inspirierend für mich. Es war schön, mit so vielen Menschen zusammenzukommen, die ebenso über die Umwelt und den Planeten denken, wie man selber, auf Probleme in der jetzigen Lebensweise aufmerksam machen wollen und Ideen haben für eine nachhaltige Zukunft. Ich konnte viele schöne Bekanntschaften schließen und neue Erfahrungen machen. Deshalb möchte ich danke sagen, an all die ehren- und hauptamtlichen Helfer für dieses interessante, spannende und lustige Wochenende bei der Sommeruniversität, 2018, in Saint Malo.

À la prochaine !

Eure Annelie